Überlauf eines RRB als Anwendungsbeispiel für die Berechnung von Abflusspfaden.
Abflusspfade kennzeichnen die Bereiche von oberflächlich abfließendem Wasser. Die Berechnung erfolgt über ein digitales Geländemodell, welches für die Betrachtung von hydrologischen Prozessen vorbearbeitet sein sollte (siehe Ermittlung von hydrologischen Einzugsgebieten II). Andernfalls würde der Abfluss-Routing-Algorithmus in Zellen ohne niedriger gelegenen Nachbarn abbrechen. Zur Vorbearbeitung zählen das Auffüllen dieser Senken und ggf. das vorgeschaltete Einbrennen eines bekannten Gewässernetzes. Neben der Berechnung der vom Oberflächenabfluss betroffenen Bereiche kann darüber hinaus die Abflusspfadlänge bzw. Fließlänge (ausgehend vom Flow-Routing-Ursprung) für jede Rasterzelle ermittelt werden.
Das SAGA-GIS-Werkzeug Flow Path Length bietet die Berechnung von Abflusspfaden ausgehend von konkreten Flow-Routing-Ursprüngen (seeds) an. Als optionaler Parameter können diese Ausgangspunkte von Abflussprozessen in Form einer Rasterdatei festgelegt werden. Die Abflusspfadlänge wird dann nur ausgehend von diesen Zellen berechnet. Werden keine konkreten Ursprünge definiert wird die Funktion auf alle Zellen mit lokalem Höhenmaximum angewendet. Für die Verortung der Ursprünge bietet sich das Setzen von Punkten (Vektorlayer) an (ID: 1, 2, …, n) die man anschließend mit dem Werkzeug Shapes to Grid in ein Raster umwandelt. Als Ziel-Rastersystem (Target Grid System) wird dann das vorprozessierte Geländemodell gewählt.
Nachfolgend wird das Werkzeug für die Betrachtung eines überlaufenden Rückhaltebeckens angewendet. Als Ausgangszelle bzw. Flow-Routing-Ursprung wird ein Punkt auf der äußeren Böschung des Rückhaltebeckens platziert. Die Funktion Flow Path Length nimmt dann als Parameter das vorprozessierte Geländemodell und den Flow-Routing-Ursprung im Rasterformat. Über die Wahl des Abfluss-Routing-Algorithmus und die Konvergenz wird die Berechnungsweise der Abflusspfade gesteuert (siehe Ermittlung von hydrologischen Einzugsgebieten III). Zudem muss ein Häkchen bei Seeds Only gesetzt werden. Die vorgestellte Funktion enthält keine weiteren restriktiven Parameter wie z. B. die maximale überlaufende Wassermenge, Reibungsverluste oder ein Abbruchkriterium ab einer bestimmten Geländeneigung. Je nach Auflösung des Geländemodells sind kleinräumige oder schmale Abflussbarrieren nicht realitätsgetreu abgebildet. Deshalb handelt es sich um eine vereinfachte Herangehensweise die für jeden Einzelfall individuell justiert werden muss.

Im Beispiel wurde die Ausgangszelle und damit die Stelle des überlaufenden Wassers an der östlichen schmalen Seite des Rückhaltebeckens fixiert. Als Hilfe bei der Platzierung der Ursprungspunkte diente die Aktivierung der Zellwertanzeige im Geländemodell. Diese Einstellung kann in den Layereigenschaften durch Setzen eines Häkchens bei Show Cell Values vorgenommen und mit Apply bestätigt werden. Der gewählte Routing-Algorithmus (Multiple Flow Direction) sorgt für die Auffächerung des Oberflächenabflusses. Im oberen Straßenabschnitt läuft ein Teil des austretenden Wassers in den nördlichen Gerinnearm. Auf der geneigten Straßenfläche erfolgt der Abfluss in südöstliche Richtung bis zur Einmündung in das östliche Gerinne. Im Kartenausschnitt beträgt die maximale Fließlänge etwa 500 m. Weiterführend ließen sich über Einbeziehung der Hangneigung Fließzeiten abschätzen.